Wenn ich in einen Buchladen gehe, schaue ich mich auch
manchmal, einer alten Gewohnheit folgend, in der Kochbuchabteilung um. Einfach
weil ich ein Fan von gutem Essen bin und fast immer Lust aufs Kochen und
Betrachten schöner Essensbilder habe. Auch, weil ich mich gerne inspirieren
lasse und außerdem ein regelrechter Sammler von exotischen Kochbüchern bin.
Aber seitdem ich auf die Ernährung umgestellt habe, die mir als Autoimmunerkrankte
ein lebenswertes Leben ermöglicht, mache ich dummerweise immer wieder die
Erfahrung, dass mir schon nach wenigen Sekunden des Betrachtens solch eines
Bücherregals die Lust vergeht und ich mich reichlich genervt abwende. Genervt
und auch ein wenig verstört. Der Grund ist die notorische Überschwemmung dieses
Regals mit Veganer- und Vegetarierkochbüchern, und die völlige Abwesenheit
eines nachhaltigen Fleischesser-Gegentrends. Um dies zu erklären, muss ich ein
wenig weiter ausholen.
Normalerweise könnte es mir ja egal sein, was andere Leute
essen bzw. worauf sie verzichten. Es ist ein freies Land, und ich betrachte
mich als einen toleranten Menschen. Ich kann die Gründe von Vegetariern, nein
falsch, eigentlich nur die von Veganern sogar sehr gut verstehen; immerhin war
ich aus genau den gleichen Gründen als Teenagerin auch mal zwei Jahre lang
Vegetarierin (ich verschloss damals noch die Augen vor den Grausamkeiten in der
Milch- und Eierproduktion). Ich bin ein ausgesprochen empathischer Mensch und
eine große Tierfreundin. Die Vorstellung, ein Tier, insbesondere ein Säugetier
zu töten, „nur“ um es zu essen, ist auch für mich brutal. Aber da ich durch
meine Paleo-Ernährung Tag für Tag am eigenen Leib erfahre, dass Fleisch, Organe
und Knochen von artgerecht gehaltenen oder, noch besser, wild gelebt habenden
Tieren für meine Gesundheit absolut unerlässlich sind, ziehe ich daraus nicht
mehr den Schluss, dass es wider das menschliche Gewissen, ja unmenschlich sei,
Tiere zu töten, um den eigenen Körper zu nähren. Ich glaube vielmehr, dass ich,
wenn ich weiter Fleisch essen will/muss, konsequenterweise auch das Schlachten
lernen muss – und das habe ich ja auch vor, da mein Mann und ich den Plan
verfolgen, innerhalb der nächsten paar Jahre so weit wie möglich auf
Selbstversorgung umzustellen.
Studien, die angeblich belegen, dass Fleischesser ein höheres Risiko als Vegetarier oder Veganer haben, alle möglichen chronischen und/oder degenerativen Erkrankungen zu bekommen, wurden nie unter der Voraussetzung der
Fleischherkunft von gesunden Tieren durchgeführt, die ohne Antibiotika und mit ihrer
natürlichen Nahrung, in ihrer natürlichen Lebensweise gelebt haben. Außerdem
wurden diese Studien nie mit Menschen gemacht, die Fleisch, Fett, Organe,
Bindegewebe und Knorpel von solchen gesunden Tieren essen und nicht nur das
Filet. Und drittens wurden diese Studien nie mit Menschen gemacht, die so
essen, wie unser Körper es aufgrund seiner genetischen Voraussetzungen
verlangt: mit gesunden Fettsäuren und Proteinen tierischer Herkunft, aber ohne Elemente, die erst nach der
neolithischen Revolution auf unseren Speiseplan kamen und danach durch
Züchtung, Kreuzung, Hybridisierung wieder und wieder degeneriert und unserem
Körper dadurch zunehmend entfremdet wurden, allen voran das Getreide. Eine
Ernährung, die vorwiegend aus Proteinen und gesättigten Fetten tierischer
Herkunft – insbesondere aus Massentierhaltung, also von gequälten Kreaturen,
was sich übrigens sehr deutlich insbesondere im Fettsäureprofil des Fleisches
niederschlägt – und Getreide besteht (und dies ist leider eine sehr beliebte
Kombination: man denke nur an Bratwurst im Weißbrötchen, oder die Pizza Salami,
oder die Pasta Bolognese, oder den Döner im Fladenbrot, oder den Taco con Carne!)
ist die denkbar schlechteste Kombination, ganz zu schweigen davon, dass
zusätzlich auch noch viel Zucker konsumiert wird. Kein Wunder, dass Vegetarier
im Vergleich zu solch einem Ottonormal-Wurschtsemmelkonsumenten besser
abschneiden - sie haben ja schon einmal den Vorteil, sich viel bewusster zu
ernähren, was allein schon oft ein Gewinn ist.
Weit besser wäre es jedoch, die andere Variable aus der
Gleichung zu streichen, und das ist das Getreide. Warum das so ist, haben viele
schlaue Leute beschrieben, und ich komme ein anderes Mal noch darauf zurück.
Aber das erklärt alles ja immer noch nicht, warum es mich verstört, dass es so
viele Veganerkochbücher gibt. Abgesehen davon, dass ich es natürlich traurig
finde, wenn Leute einen aus meiner Sicht falschen Lebensstil wählen und sich
bzw. ihrer Gesundheit damit keinen Gefallen tun, bräuchte es mich ja nicht
weiter zu stören.
Das Problem ist, dass Vegetariern (der Begriff soll jetzt
mal Veganer mit einschließen) im aktuellen Gesellschaftsdiskurs aktiv
vermittelt wird, dass sie die besseren Menschen sind. Oder sagen wir mal, die
konsequenteren mit dem reineren Gewissen – und die anderen, die egoistischen, bequemen,
heuchlerischen Fleischfresser, wie
sie betitelt werden, müssen sich
täglich neue Ausreden einfallen lassen, warum sie den Schritt zum Vegetarismus noch nicht gegangen sind, wobei sie natürlich ihren Fleischkonsum auch schon
eingeschränkt haben, usw. usw. Fleischfresser sind nämlich nicht nur für das
Leid unzähliger Tiere verantwortlich, sondern auch für die Umweltverschmutzung,
das Elend in der dritten Welt und den Treibhauseffekt.
Falsch, falsch, falsch. Zum Heulen falsch. All diese Annahmen
treffen nur zu, wenn man davon ausgeht, dass Tiere mit Kraftfutter ernährt
werden müssen oder sollen. Die Flächen, die verbraucht werden, um Tierfutter
anzubauen, die Düngemittel und Pestizide, die für diesen Anbau versprüht
werden, die damit einhergehende Abholzung von Regenwald, all dies sind
Konsequenzen des Anbaus von Getreide, Mais und Soja. Dieses Futter ist aber
überhaupt nicht artgerecht und macht die Tiere sogar krank. Es passiert mit ihnen
das, was auch Menschen zustößt, die sich überwiegend von Getreide, Mais und
Soja ernähren: sie entwickeln ein metabolisches Syndrom und werden
übergewichtig. Mit anderen Worten, die Tiere erreichen ihr Schlachtgewicht
schneller, was natürlich ganz im Sinne der Mastbetreiber, aber weder im Sinne
der tierischen noch der menschlichen Gesundheit ist.
Aus Nahrungskettensicht ist das Großartige beispielsweise an
einem Rind ja, dass es ein für den Menschen gänzlich unverdauliches Gewächs in
leckeres, gesundes Fleisch verwandelt. Dieses Gewächs ist Gras. Auch Hühner
wollen ihrer Natur nach nicht bevorzugt Körner picken, sondern Gras, Schnecken, Würmer, Käfer, kleine
Eidechsen und sogar Feldmäuse fressen. Und Schweine fressen in der Natur so
ziemlich alles, nur kein Getreide.
Ich möchte in unseren Landschaften nicht noch mehr
industrielle Landwirtschaft sehen. Ich möchte, dass Monsanto und co. sich zum
Teufel scheren. Ich will, dass es wieder mehr kleine bäuerliche Betriebe und
Selbstversorger gibt und dass Lebensmittel nicht das Milliardengeschäft großer
internationaler Konzerne sind, die damit an der Börse spekulieren. Und ich
möchte weniger kilometerlange Felder mit Monokulturen und mehr naturbelassene Wiesen
und Weiden, auf denen Tiere friedlich grasen. Tiere, die ein gutes Leben haben und die uns nach einem stressfreien Dasein und einem angstfreien Tod mit
lebenswichtigen Nährstoffen versorgen, die wir nur aus dieser Quelle und keiner
Pflanze beziehen können.
Und ich möchte nicht, dass in der dritten Welt, wo die Leute
die Flächen und das wenige Wasser für ihre eigene Viehzucht oder den
Gemüseanbau benötigen, und geschweige denn da, wo eigentlich Regenwald zu
wachsen hat, Kraftfutter für hier konsumiertes Fleisch angebaut wird. Ich
möchte eine dezentrale Versorgung, eine regionale Konzentration von Produktion
und Vertrieb. Gras wächst sprichwörtlich wie Unkraut. Man muss es nicht
sonderlich pflegen oder düngen. Die Tiere düngen es mit ihren Exkrementen. Zu
guter Letzt erfordert eine solche Entwicklung auch ein Zurückbesinnen auf
ältere Rassen, die nicht extra so gezüchtet wurden, dass sie aufgrund ihrer
irrwitzigen „Leistung“ Kraftfutter benötigen, um nicht abzumagern.
Und genau deswegen möchte ich nicht, dass Leute in einem
Kochbuch vermittelt bekommen, dass sie ihren Hunger nach Deftigem und nach
Eiweiß mit Tofu stillen sollen (abgesehen davon, dass Soja verheerende
Auswirkungen u.a. auf den Hormonhaushalt hat). Oder dass sie Vollkornpasta
essen sollen, um die Welt zu retten, oder dass sie ausgerechnet aus Weizenmehl Seitanburger (reines Gluten
und damit Gift für die Darmgesundheit und das Immunsystem) machen sollen.
Indirekt befördern sehr viele vom Vegetarismus-Hype angepriesene Produkte genau
diese fortschreitende Industrialisierung der Landwirtschaft und den Anbau von
pestizid- und düngemittelintensiven Monokulturen. Vegetarier essen ja trotz der
Herkunft ihrer Bezeichnung von vegetable
nicht besonders viel Gemüse, sondern sie definieren sich durch den Verzicht auf
Fleisch, wobei die tierische Nährstofflücke in aller Regel aber eben nicht
durch Gemüse, sondern durch typische Erzeugnisse aus intensiver Landwirtschaft gefüllt wird:
Tofu, Getreideerzeugnisse, Maisprodukte. Und im Falle von Ovolaktovegetariern paradoxerweise
durch besonders viel Käse und Eier, was den Tierschutzeffekt wohl wieder
aufheben würde, wenn Tiere überhaupt durch Vegetarismus tatsächlich geschützt
würden.
Wie treffend und eindringlich auf den Punkt gebracht! Danke für den tollen Artikel, den ich demnächst sicher mal verlinken werden. Lg Mia
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