NACHTRAG: Dies ist einer der letzten Blogeinträge zum Thema Ernährung und Gesundheit auf dieser Adresse. Alle vergangenen und zukünftigen Einträge zu diesem Thema gibt es künftig auf http://www.urgesundheit.de/. Dieser Blog widmet sich künftig Themen außerhalb von Ernährung.
Ein paar einleitende Worte, ähem.
Ich habe seit 11 Jahren die Diagnose Colitis ulcerosa. Im Moment ist sich mein Gastroenterologe jedoch nicht ganz sicher, ob es nicht doch die andere der beiden chronisch entzündlichen Darmerkrankungen ist, nämlich Morbus Crohn. Egal, ich habe jedenfalls 10 Jahre lang an Colitis ulcerosa gelitten und seit einem Jahr eben an Wer-weiß-was.
Bei den chronisch entzündlichen Darmerkrankungen (CED) entzündet sich der Darm aus unerfindlichem Grund und bleibt dann mal mehr, mal weniger entzündet. Weil man eben den Grund nicht kennt, ordnet man die Krankheiten pauschal den Autoimmunkrankheiten zu. Die Symptome sind extremer Durchfall (in akuten Phasen ggf. über 20mal pro Tag), Gewichtsverlust, Blutverlust, Bauchschmerzen, Übelkeit, Nährstoffmangel etc. Viele Patienten müssen irgendwann operiert werden, um Teile des Darms zu entfernen, manche auch viele Male, manche leben irgendwann mit einem künstlichen Darmausgang. Die Diagnose ist ein Lebensurteil – man wird zu einem Leben mit der Krankheit verurteilt, denn Aussicht auf Heilung gibt es nicht.
Die medikamentöse Behandlung ist mit vielen Risiken und Nebenwirkungen verbunden. In akuten Phasen gibt es über lange Zeit Kortison, welches unter anderem zu dem bekannten „Mondgesicht“ führt und daneben noch viele Langzeitrisiken wie z.B. Osteoporose und Diabetes in sich birgt. Manche Patienten werden vom Kortison abhängig und schaffen es kaum, davon wegzukommen. Es gibt auch andere Medikamente wie z.B. Azathioprin und 6-Mercaptopurin sowie Methotrexat, die allesamt – dem Kortison nicht unähnlich – die Immunantwort unterdrücken sollen. Eine relativ neue Entwicklung sind die TNF-Antagonisten, auch Biologika genannt, unter ihnen Remicade, Humira, Cimzia und eventuell Tysabri, bei denen ebenfalls ein Teil des Immunsystems blockiert wird. All diese Medikamente sind mit zum Teil erheblichen Nebenwirkungen und Risiken verbunden, insbesondere stehen einige der Biologika im Verdacht, krebserregend zu wirken. Das ist besonders ungünstig, da CED-Patienten ohnehin ein vielfach erhöhtes Darmkrebs-Risiko haben.
Nun zu mir...
Da ich eine schwere Form der Colitis mit vielen Komplikationen habe, ist die Krankheit für mich eine große Belastung. Die Diagnose – kurz nach meiner letzten Diplomprüfung ‑ war ein Schock und hat mein Leben für immer in jeder Hinsicht zutiefst verändert. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass ein verhältnismäßig harmloses Medikament mir zum größten Verhängnis wurde. Es war das Colitis-Standardmedikament Mesalazin (5-ASA, Markenname Pentasa, Salofalk oder Claversal), welches ich über viele Jahre jeden Tag einnahm und für den Rest meines Lebens nehmen sollte. Ich gehörte leider zu den wenigen Patienten, deren Nieren darauf mit einer Entzündung reagierten. Da der Zusammenhang zwischen meinen schlechten Nierenwerten und dem Medikament zunächst von der Ärzteschaft bezweifelt wurde, vernarbten und schrumpften meine Nieren immer weiter, bis ich nur noch etwa 30 Prozent meiner Nierenfunktion hatte. Das ist leider immer noch der Fall und wird sich wohl auch nicht mehr ändern. Ich darf nur darauf hoffen, dass meine Nierenfunktion sich in naher Zukunft nicht noch weiter verschlechtert.
Natürlich konnte ich das Mesalazin dann nicht mehr nehmen und dummerweise auch viele andere Medikamente nicht mehr, unter anderem Methotrexat, da dieses ebenfalls die Nieren belastet und daher nicht für Patienten mit Niereninsuffizienz in Frage kommt. Gegen Azathioprin hatte ich (noch vor der Nierengeschichte) eine Unverträglichkeitsreaktion, und Jahre später, bei der ersten Infusion mit Biologika (Remicade), erlitt ich einen anaphylaktischen Schock und kam in die Notaufnahme. Mit anderen Worten, für mich gab es –abgesehen von Kortison – eigentlich keine medizinische Behandlungsoption mehr.
Die Seele geht am Stock.
Ich will nur ganz kurz das Thema der psychischen Folgen streifen, denn ich vermute, dass die meisten sich schon in etwa vorstellen können, was eine Krankheit wie diese mit der Psyche macht. Aber so ganz kann man es sich eben doch nicht vorstellen, bis es einen selber trifft. „Keine Heilung“ – allein diese Aussage ist wie ein Faustschlag mitten in die Seele. Plötzlich ist man ganz allein, während alles um einen herum seinen Gang geht. Hoffnungen und Wünsche – alle auf Eis gelegt. Eben noch stand mir die Welt offen, und nun – ein Leben voller Krankheit und Schmerz? Nicht nur das – es ist eben auch ein Leben mit der Demütigung. Weil man über explosiven, blutigen Durchfall und Killer-Blähungen eben nicht mal so in der U-Bahn mit dem Sitznachbarn plaudert wie andere über Arthrose im Knie. Weil Leute sich angewidert wegdrehen, wenn man erklärt, warum es einem mies geht. Weil deswegen auch kaum einer über die CED Bescheid weiß, auch wenn sie weit häufiger sind als beispielsweise Multiple Sklerose. Weil deswegen auch die medizinische Forschung sich lieber populäreren Krankheiten zuwendet. Und weil man schließlich monatelang durch das Kortison komplett entstellt ist oder sich zumindest so fühlt.
Zur Sache.
All das hat sich aber jetzt geändert, da ich seit August 2011, also seit fast 6 Monaten, eine spezielle Ernährung befolge. Diese ist ein absoluter „Geheimtipp“ unter CED-Patienten. In Deutschland ist sie kaum bekannt, in den USA und Kanada dagegen weit verbreitet. Allerdings nur unter Patienten, nicht unter Ärzten. Dabei ist die SCD gar nicht neu. Es gibt sie schon seit den 1950ern. Aber da sich mit dieser Diät kein Profit erzielen lässt, wird sie auch nicht erforscht. Und Studien wird es dazu auch nie geben, allein schon weil das viel zu teuer ist und den Pharmaunternehmen nichts einbringt, ja ihnen sogar massive Umsatzeinbußen bescheren könnte. Man kann abgesehen davon ja auch schlecht zu einer Ernährungsform eine Plazebo-kontrollierte, randomisierte, doppelt-blinde Studie durchführen, denn es ist schwer einem Menschen zu verheimlichen, was er isst.
Ich habe seit Jahren durch ausgedehnte USA- und Australienaufenthalte vor und in der Studienzeit enge Kontakte zu diversen Menschen im englischsprachigen Raum und seit einigen Jahren auch zu Patientengemeinschaften im Internet. Dafür bin ich sehr dankbar, denn ohne diese Kontakte wäre ich nie auf die SCD gestoßen.
Leute, es ist jetzt kurz vor Mitternacht und ich habe vor lauter einleitenden Worten völlig den Faden verloren. Ich schreibe ganz bald, was die SCD genau ist, versprochen.
Hier gibt es eine deutschsprachige Facebookgruppe zum Thema SCD;
und hier gibt es für die, die nicht auf Facebook sind, eine Yahoo-Mailingliste;
und hier habe ich eine Definition geschrieben.
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